Papa, hat Wasser auch Geburtstag?

Felix ist ein Jahr älter geworden, hat aber noch immer viele Fragen an seinen Vater. Der erklärt ihm vor dem Einschlafen, warum Abwasser eine interessante Ressource ist und wie man es nutzen kann.

Von Alexander Jereb, Entwicklungsleiter Wassertechnik

Papa, das war heute ein schöner Tag! Alle waren da und haben mir zu meinem Geburtstag gratuliert. 
Ja sicher, aber jetzt schnell ins Bett!

Da fällt mir noch ein: Hat Wasser eigentlich auch einen Geburtstag?
Der 22. März wurde von der UNO zum Weltwassertag erklärt. Das ist zwar kein Geburtstag, aber es werden weltweit Themen und Probleme aufgezeigt, die mit Wasser zu tun haben. Wasser steht an dem Tag genauso im Mittelpunkt wie du an deinem Geburtstag heute. 

Cool, dann ist der Wassertag nur ein paar Tage nach meinem Geburtstag! Was passiert an dem Tag genau?
Die UNO veröffentlicht zum Beispiel den jährlichen Weltwasserbericht. Dieses Jahr lautet der Titel „Nature-based Solutions for Water“, letztes Jahr war das Motto „Wastewater – the Untapped Ressource“. 

Was heißt das schon wieder?
3,6 Milliarden Menschen leben laut UNO derzeit in einer Region, in der zumindest in einem Monat pro Jahr Wasserknappheit herrscht. Bis 2050 wird die Zahl auf bis zu 5,7 Milliarden steigen. Davon sind vor allem Regionen wie der Nahe Osten, Nordafrika, große Gebiete Asiens, aber auch der USA betroffen. Verschärft wird die Situation durch die zunehmend schlechtere Wasserqualität großer Flüsse. 

Warum denn das? Wir haben ja Kläranlagen, die dafür sorgen, dass die Flüsse sauber bleiben?
Österreich und andere Länder der EU haben bereits einen hohen Standard bei der Abwasserbehandlung erreicht. Da helft ihr mit den Produkten der Donau Chemie Gruppe ja mit! Durchaus, und es ist auch meine Aufgabe und die meiner Kollegen, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und weiter daran zu arbeiten. In manchen Gebieten Europas gibt es jedoch großen Aufholbedarf und es wird viel investiert, um die Situation zu verbessern. Insgesamt werden aber noch immer 80 Prozent des gesamten Abwassers weltweit ohne jede Behandlung in die Flüsse und Meere geleitet. Dadurch hat sich die Qualität der Gewässer vor allem in Südamerika, Afrika und Asien seit 1990 erheblich verschlechtert. 

Können dort nicht auch einfach Kläranlagen gebaut werden, wie bei uns?
Das geht leider nicht von heute auf  morgen. Ich kann mich durchaus noch an Schaumkronen auf den Flüssen erinnern, da war ich so alt wie du. Die Errichtung und der Betrieb von Kläranlagen kosten Zeit und Geld. Die betroffenen Regionen sind meist in Krisengebieten mit niedrigem Einkommen und instabilen politischen Verhältnissen. Insgesamt verfügen 60 Prozent der Weltbevölkerung über einen Anschluss an eine Kanalisation. Die regionalen Unterschiede sind jedoch groß. So sind es in Afrika südlich der Sahara nur 7 Prozent, in Indien und den Nachbarländern 18 Prozent, die Abwasser über einen Kanal entsorgen.

… 5, 6, 7, das ist wenig. Wo gehen die Leute dann aufs Klo?
In Afrika sind 44 Prozent der Menschen auf Trockentoiletten angewiesen, in Indien ist für 41 Prozent die freie Natur der einzig verfügbare Platz dafür. 

Trockentoiletten? Freie Natur?
Das Plumpsklo oder hinter dem nächsten Busch. 

Das würde ich gar nicht mögen, da schauen ja alle zu.
Die Menschen kommen auch mit unbehandeltem Abwasser in Kontakt und sind damit gefährlichen Krankheitserregern ausgesetzt. Die WHO schätzt, dass durch die so verursachten Infektionen im Jahr 2012 mehr als 800.000 Menschen gestorben sind davon über 300.000 Kinder unter fünf Jahren. Dabei wäre Abwasser eine Ressource, die noch kaum genutzt wird.

Wie soll denn das wieder gehen?
Wie ich dir schon einmal erzählt habe, könnten die enthaltenen Nährstoffe wie Phosphor zurückgewonnen und unter anderem für die Düngemittelproduktion verwendet werden. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 22 Prozent des globalen Phosphorbedarfs aus Abwasser gedeckt werden könnten. Und es könnte für die Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen genutzt werden. Das Potenzial allein aus häuslichem Abwasser liegt derzeit bei 40 Millionen Hektar, damit könnten 15 Prozent der künstlich zu bewässernden Fläche abgedeckt werden. Dabei ist aber eine Vorbehandlung unbedingt erforderlich. Jordanien zum Beispiel hat hier in den letzten 30 Jahren viel getan und kann heute die Landwirtschaft fast vollständig mit aufbereitetem Abwasser versorgen. Auch im benachbarten Israel wird ein hoher Anteil der Felder so bewässert. Die Städte wachsen derzeit stark, wodurch die Trinkwasserversorgung immer kritischer wird. Abwasser wäre nach entsprechender Aufbereitung eine mögliche Quelle. In manchen Regionen wird das schon jetzt genutzt: So wird in Windhoek in Namibia etwas mehr als ein Drittel des Abwassers zu Trinkwasser verarbeitet.

Das ist ja super! Warum machen das noch nicht mehr Länder?
Würdest du Wasser trinken wollen, wenn du weißt, dass ein Teil davon aus der Kläranlage kommt?

Igitt! Nein, wirklich nicht! Das ist ja ekelig!
Die Ablehnung der Menschen ist neben finanziellen und strukturellen Schwierigkeiten einer der Gründe, warum das noch nicht mehr Regionen machen. Was ist, wenn dir aber jemand erklärt, dass das Abwasser mehrfach gereinigt wurde und nach der Desinfektion mindestens genauso sauber ist wie das restliche Trinkwasser?

Wenn ich weiß, dass das mit euren Produkten gemacht wurde …
Singapur, das auch einen Anteil des Abwassers als „New Water“ für die Trinkwasserversorgung verwendet, versucht der Bevölkerung leicht verständlich zu erklären, dass das recycelte Wasser unbedenklich ist. Es gibt sogar ein Spiel für das Handy. Die Akzeptanz ist durch diese Maßnahmen deutlich gestiegen.

Ein Handyspiel, cool! Kann ich das auch spielen?
Ich werde es für dich suchen. 

Bitte jetzt!
Heute nicht mehr, es ist schon spät. 

Das ist gemein, ich bin noch gar nicht müde. Ich will auch Wasser re-, re- … oder wie das heißt! 
Wasser recyceln. Morgen. Gute Nacht, mein Schatz.
Artikel/Seite ausdrucken